Wirkung sichtbar machen: Museen zwischen Gesellschaft und Forschung

von Pavlo Mihunov

Im Rahmen des Masterstudiengangs „Kunstvermittlung und Kulturmanagement“ an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf widmen wir uns im laufenden Semester der Weiterentwicklung der Impact-Messung in der kulturellen Bildung. Aufbauend auf der Initiative „Dein Kunstpalast – Ansätze zur Impact-Messung“ verfolgt das aktuelle Projekt das Ziel, die positiven gesellschaftlichen Wirkungen musealer Bildungsarbeit – den sogenannten „Handprint“ – systematisch zu analysieren. Dabei liegt der Fokus auf dem Beitrag von Museen zur Förderung sozialer Teilhabe, kultureller Bildung und zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) der Agenda 2030.

Eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO, 2019) zeigt bereits, dass Kunst und Kultur eine signifikante Rolle für die Gesundheit und das Wohlbefinden spielen können. Unser Projekt geht jedoch über diese Aspekte hinaus und untersucht die gesamtgesellschaftlichen Potenziale von Museen. Die Studierenden des Masterstudiengangs arbeiten dabei praxisorientiert an der Entwicklung von Messinstrumenten, die soziale Wirkungen erfassen und sichtbar machen.

Den Auftakt des Projekts bildete die Veranstaltung „Dein Kunstpalast“ am 29. November 2024. In vier Gruppen arbeiteten Studierende direkt im Feld: Sie führten strukturierte Beobachtungen, teilnehmende Analysen und kurze Gespräche mit Besucher*innen durch. Jede Gruppe konzentrierte sich auf einen der bereits in der Vorarbeit definierten vier Wirkungspfade – das Museum als Wohlfühlort, als Plattform für Community-Building, als Ort kultureller Bildung sowie als Akteur im städtischen Netzwerk. Die Veranstaltung bot hierfür einen idealen Rahmen: ein vielseitiges Programm mit Live-Musik, Führungen durch den Kunstpalast und ein gezielter Fokus auf die Einbindung von Teilnehmenden aus benachbarten Stadtteilen ermöglichte vielfältige Beobachtungen zur Wirkung musealer Angebote auf unterschiedliche Zielgruppen. Gleichzeitig diente der Abend als Testfeld für erste methodische Ansätze zur Impact-Messung.

Am 6. Dezember 2024 trafen sich die Studierenden erneut zu einem vierstündigen Workshop, um die im Kunstpalast gesammelten Daten gemeinsam mit der Forscherin Selina Kahle aus Potsdam und Dr. Julia Römhild (HHU) auszuwerten. Ziel war es, die heterogenen Beobachtungen systematisch zu strukturieren und in einen methodischen Zusammenhang zu überführen. In Gruppenarbeit wurden zentrale Muster identifiziert, erste Hypothesen gebildet und visuell auf Plakaten festgehalten. Der Austausch unter den Gruppen über diese Ergebnisse bildete die Grundlage für eine differenzierte Wirkungsanalyse, die in den weiteren Projektverlauf einfließen sollte. Besonders gewinnbringend war hierbei die enge Zusammenarbeit mit externen Expertinnen, die durch methodische Impulse neue Perspektiven auf die Erhebung und Auswertung ermöglichten.

Am 13. Dezember 2024 fand der zweite Workshop statt, in dessen Zentrum der thematische Impuls zur Verbindung von Kultur und Nachhaltigkeit stand. Die Kulturberaterin Insa Schrader führte mit ihrem Vortrag „Healing Culture“ in den SDG-bezogenen Diskurs ein und zeigte anhand zahlreicher Beispiele, wie Kunst und Kultur bereits heute im Gesundheitsbereich wirken – etwa in der Patientenarbeit, der Resilienzförderung und der psychischen Stabilisierung. In der anschließenden Diskussion reflektierten die Studierenden, wie diese Erkenntnisse konkret auf den musealen Bildungsalltag übertragbar sind und welche strukturellen Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssten. Besonders deutlich wurde dabei das transformative Potenzial kultureller Teilhabe, das weit über klassische Vermittlungsarbeit hinausreicht und tief in gesellschaftliche Prozesse eingreift.

Am 24. Januar 2025 wurde mit der Exkursion zur Zeche Zollverein in Essen ein weiterer zentraler Praxisbezug hergestellt. Ziel war es, konkrete Einblicke in die Umsetzung von Impact-orientierten Strategien innerhalb einer industriekulturellen Institution zu erhalten. Die Stiftung Zollverein verfolgt seit einigen Jahren das Ziel, ihre Angebote systematisch zu evaluieren und stärker an den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung auszurichten. Unter der Leitung von Dr. Helena Lischka, Leiterin der strategischen Standortentwicklung, erhielten die Studierenden eine intensive Führung über das Gelände, bei der sowohl die historische Bedeutung als auch die didaktischen Herausforderungen deutlich wurden. Neben der Notwendigkeit gut ausgebildeter Vermittlungspersonen wurde auch auf bestehende Engpässe im Bereich barrierefreier Angebote und sprachlicher Vielfalt hingewiesen. Die Exkursion bot dadurch nicht nur inhaltliche Erkenntnisse zur Wirkungsmessung, sondern verdeutlichte zugleich strukturelle Bedingungen, die für eine langfristige Verankerung kultureller Bildung im Sinne der SDGs relevant sind.

Den vorläufigen Abschluss der ersten Projektphase bildete der Workshop am 31. Januar 2025. Die Studierenden arbeiteten in diesem Format gezielt an der Entwicklung von Key Performance Indicators (KPIs), also messbaren Kriterien, mit denen sich der Erfolg oder die Wirkung bestimmter Aktivitäten einschätzen lässt. In unserem Fall helfen KPIs dabei, die vier Wirkungspfade inhaltlich weiter ausdifferenziert und praktisch messbar zu machen. Für den Bereich „Community-Building“ (SDG 11) wurden beispielsweise Indikatoren zur Aufenthaltsdauer, zu wiederholten Besuchen und zur Nutzung konsumfreier Räume entwickelt. Der Wohlfühlfaktor im Museum (SDG 3) wurde anhand von Aspekten wie Orientierung, Barrierefreiheit und subjektiver Selbstwirksamkeit operationalisiert. Der Pfad „Teilhabe und Bildung“ (SDG 4) zielte auf messbare Verhaltensveränderungen infolge von Workshops, Führungen oder digitalen Formaten ab. Und im Bereich der Netzwerkbildung (SDG 17) wurden Indikatoren zur Nachhaltigkeit von Kooperationen, zur Reichweite musealer Partnerschaften und zu möglichen Netzwerk-Lücken identifiziert. Der Workshop legte damit das methodische Fundament für die nächste Projektphase, in der konkrete Erhebungsinstrumente zur Anwendung kommen sollen. Im Rahmen des Projekts arbeiteten die Studierenden mit qualitativen Methoden wie teilnehmender Beobachtung, Mystery Visiting und strukturierten Besucher*innenbefragungen. Dabei traten sie persönlich mit den Besuchenden in Kontakt, führten spontane Gespräche und stellten gezielte Fragen zur Wahrnehmung und Wirkung des Veranstaltungsangebots. Zusätzlich wurde nach der Veranstaltung ein Online-Fragebogen versendet, über den Teilnehmende ihre Eindrücke vertiefend reflektieren konnten. Diese Methoden ermöglichten eine erste differenzierte Erhebung von sozialen Wirkungen direkt im Feld und dienten als Ausgangspunkt für die Entwicklung weiterführender Messinstrumente.

Den Höhepunkt und zugleich Abschluss des Projekts bildet die Online-Wissenschaftskonferenz „!MPACT NOW – Museen zwischen Gesellschaft und Forschung“, die am 23. Juni 2025 in Kooperation mit dem ArtVenture Club e.V. stattfindet. Die Konferenz vereint Studierende, Forschende und Kulturschaffende, um zentrale Erkenntnisse des Projekts zu diskutieren und Perspektiven für die Praxis zu entwickeln. Neben Keynotes und Paneldiskussionen stehen Präsentationen studentischer Ergebnisse sowie Beiträge zu innovativen Methoden der Wirkungsmessung auf dem Programm. Die Konferenz versteht sich als Plattform für Austausch, Reflexion und Impulse zur Weiterentwicklung einer zukunftsorientierten Kulturvermittlung, die gesellschaftliche Transformation nicht nur begleitet, sondern aktiv mitgestaltet.

Nach Abschluss der Konferenz werden wir die gesammelten Erkenntnisse veröffentlichen und freuen uns auf weiterführende Kooperationen, neue Forschungsvorhaben und einen offenen Dialog mit Institutionen, die die gesellschaftliche Wirkung von Kunst und Kultur gemeinsam mit uns sichtbar und messbar machen möchten.



Link zur Anmeldung für die Online-Konferenz: Anmeldung zur Online-Konferenz „!MPACT NOW | Museen zwischen Gesellschaft und Forschung“

Link zur detaillierten Beschreibung der Online-Konferenz: Homepage der Online-Konferenz „!MPACT NOW | Museen zwischen Gesellschaft und Forschung“

Pavlo Mihunov ist wissenschaftliche Hilfskraft im Rahmen des Lehr- und Praxisprojektes „Impact-Messung in der Kulturvermittlung: Praxisorientierte Ansätze und Methoden“ am Institut für Kunstgeschichte der HHU.

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