von Paul Sufryd, Torben Krauß, Leonie Hegger und Daria Berka
Triggerwarning – Corona-Pandemie, über die wir alle nichts mehr wissen wollen.
Herausforderungen der digitalen Welt
Wir als Studierende mussten, bedingt durch die Pandemie, unsere Erfahrungen mit Online-Meetings machen und kennen die üblichen Probleme – Verbindung fehlgeschlagen, Mikro noch an, Kamera wird gar nicht erst eingeschaltet. Auch für Lehrkräfte und ihre Schüler:innen war der Wechsel zur virtuellen Lehre alles andere als leicht.
Das sind die offensichtlichsten, aber nicht die einzigen Hürden, die wir immer noch meistern müssen. Denn nicht für jede*n ist eine gerechte digitale Teilhabe und ein uneingeschränkter Zugang zur digitalen Welt möglich. Während der sozialen Isolation im Lockdown mussten wir feststellen, dass die gesellschaftliche Teilhabe zu erheblichem Teil durch den Zugang und gekonnten Umgang mit digitalen Tools bestimmt war und ist – angefangen von der digitalen Lehre bis hin zum Kontakt zur eigenen Familie.
Die rasante Veränderung, geprägt von Informationsflut und Verschwörungstheorien, erschwert das Erlernen notwendiger digitaler Kompetenzen, die den sicheren Umgang miteinander im digitalen Raum gewährleisten. Das bedeutet, wer nicht gewappnet ist, spielt der digitalen Kluft und der Chancenungleichheit in die Hände.
Wie wappnen wir uns als Bürger*innen für eine digitale Zukunft?
Als erstes ist es wichtig festzuhalten, auf welche Pfeiler sich Staatsbürgerschaft stützt:
Das komplexe Zusammenspiel von Demokratie, Gemeinschaft und Schulbildung muss kontinuierlich an individuelle Alltagspraktiken in der digitalen Welt angepasst werden. Die Schulbildung, beispielsweise, sollte die Identitätsentwicklung fördern, weshalb neue digitale Fähigkeiten, Strategien und deren angemessene Verwendung für Staatsbürger*innen essentiell sind und in der Schule vermittelt werden müssen.
Zusätzlich bedarf es einer klaren Definition der Bürgerschaft und der Verhaltensanforderung an Bürger:innen. Das ist bisher nicht eindeutig im Lehrplan für Pädagogen definiert. Digitale Bildung bildet die Basis für die Entwicklung der drei Konzepte, die gute demokratische Bürger*innen ausmachen:
- Persönlich-verantwortliches Konzept
- Partizipatives Konzept
- Gerechtigkeits-orientiertes Konzept
Digital Citizen – Be Smart!
Eine demokratische Bürgerschaft wird nicht allein durch das Lernen über Staatsbürgerschaft gestärkt, sondern besonders durch Partizipation, Austausch und Engagement in demokratischen Gemeinschaften, von Angesicht zu Angesicht oder im Netz.
Die Anforderungen an einen Digital Citizen in einer Demokratie sind vielfältig und vermitteln ein gemeinsames Werteverständnis im digitalen Raum des Lernens. Dazu muss ein Digital Citizen eine gut ausgeprägte Digital Literacy besitzen- Also digitale Fähigkeiten, die eine gute gemeinsame Kommunikation ermöglichen, indem Bürger:innen sich informieren und kritisch selektieren. Das meint nicht nur die Rezeption, sondern auch die Teilnahme und Produktion bei cross-medialer Verwendung verschiedener Technologien (Abb. 2). Das heißt, es ist mehr notwendig als bloße technologische Fertigkeiten. Menschen müssen digitale Kompetenzen erlernen, um sich online einzubringen und zurechtzufinden.
Time for Change
Wie können wir die Hürden im Schulsystem im digitalen Zeitalter in der Zukunft überwinden?
Wie bereits erwähnt, hat die Corona-Pandemie gezeigt, dass Pädagog:innen teilweise nicht vertraut sind mit heutiger IT-Technologie. Es braucht daher eine Anpassung des Schulsystems, um mit der digitalisierten Welt Schritt halten zu können. Denn Schüler:innen müssen auf ein bürgerschaftliches, engagiertes, kompetentes Leben im Internet vorbereitet werden. Der Fokus der Schulbildung sollte auf einem demokratischen Miteinander liegen, das jede:r mithilfe digitaler Werkzeuge gestalten kann.
Ein Guide für gemeinsames online Engagement:
Zur Einbindung von digitaler Bürgerschaft in den Schulen, hat die ISTE (2020) über ihre #digcit Commit-Kampagne, vier ethische Fragen für Schüler:innen veröffentlicht:
- Wie kann ich informiert bleiben, indem ich die Genauigkeit, Perspektive und Gültigkeit von Online-Quellen bewerte?
- Wie kann ich online Räume finden und/oder entwickeln, in denen ich mich respektvoll mit Menschen austauschen kann, die andere Überzeugungen und Erfahrungen haben als ich?
- Wie kann ich die Technologie nutzen, um mich zu engagieren, zu beteiligen und mich für das Gute in meiner Gemeinschaft einzusetzen?
- Wie kann ich lernen, meine Bildschirmzeit mit anderen Aktivitäten und sozialen Kontakten in Einklang zu bringen?
- Wie können wir uns bewusst machen, wessen Stimmen online fehlen, und uns für den Zugang und die Gleichberechtigung in Bezug auf die Technologie einsetzen? ( Diese Fragen wurden erweitert, nachdem durch die Pandemie sichtbar wurde, welche Ungerechtigkeiten bei der Nutzung von Technologien entstehen)
Aktuell können sich Lehrkräfte an dem sogenannten SAMR-Modell von Puentedura orientieren. Das SAMR-Modell bietet Schulen ein Werkzeug zur Integration digitaler Medien in den Unterricht. Mit diesem Modell können Lehrkräfte ihre eigenen Bildungsangebote analysieren und reflektieren. Digital gearbeitet wird nach diesem Modell aber nur dann, wenn die digitalen Tools einen Mehrwert für den Lernerfolg der Schüler*innen bieten.
Ideen und Denkansätze zur Unterrichtgestaltung und das SAMR-Modell findet ihr unter: https://ila.onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/jaal.1076 ; https://www.bildung.digital/artikel/den-mehrwert-digitaler-medien-erkennen
Welche Art von Welt wollen wir bewohnen, wenn der Sturm vorüber ist?
Wie sich gezeigt hat, spielen wir alle, eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der digitalen Welt und der Lehre in den Schulen. Die COVID-19-Pandemie bietet uns die Möglichkeit die Kritik an den Belangen des Landes und der Welt sorgfältig zu überdenken: Was bedeutet es, ein „guter [digitaler] Bürger“ zu sein?
Wir müssen das gegenwärtige Schulsystem hinterfragen. Dafür müssen Pädagog*innen bereit sein durch kritische Dialoge das Schulsystem anzupassen, um eine zentrale Rolle bei der Bildung digitaler Bürger:innen zu spielen. Damit diese sich wiederum für die Schaffung einer ethisch gerechteren und demokratischen Welt einsetzen können. Nicht nur Schüler*innen sollten dazu digitale Kompetenzen erlernen, sondern auch die Fähigkeiten der Lehrer*innen müssen gestärkt werden. Es gilt: zusammenarbeiten, um ein Verständnis der Netiquette zu entwickeln. Es ist wichtig, sich darauf vorzubereiten, dass wir in naher Zukunft mit weiteren Krisen konfrontiert werden. Deshalb sollte sich unsere Wahl der Lehralternativen nicht nur auf die unmittelbare Bedrohung beziehen, sondern auch darauf: Welche Art von Welt wollen wir bewohnen, wenn der Sturm vorüber ist?
Was findet ihr qualifiziert euch als gute*r Bürger*in? Was hat euch gefehlt oder fehlt euch in der Schulbildung im Hinblick auf digitale Bildung? Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen!
Quelle:
Buchholz, B.A., DeHart, J., & Moorman, G. (2020). Digital Citizenship During a Global Pandemic: Moving Beyond Digital Literacy. Journal of Adolescent & Adult Literacy, 64(1). 11- 17. https://doi.org/10.1002/jaal.1076