von Petra Bauer, Lena Beser, Alina Müller, Lea Reinhardt, Ragni Verma, Elias Warnke (Institut für Botanik der HHU)
Ko-kreativ zusammen mit den Start-ups keep it grün und Hammer Ernte
In diesem Blogbeitrag erzählen wir über ein Projekt, das Pflanzenkohle als Torfersatz im Hobbygarten testet. Seit 2022 wird das gärtnerische Forschungsprojekt durch die Förderlinie Bürgeruniversität in der Lehre gefördert. Es adressiert gleich drei der 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der UN: Kein Hunger, Maßnahmen zum Klimaschutz und Leben an Land. Das Projekt liefert einen Beitrag für gesellschaftliche Transformation zu mehr Nachhaltigkeit.
© P. Bauer
Drei Besonderheiten birgt dieses Pflanzenforschungsprojekt:
– Zunächst wird es hauptsächlich von Studierenden durchgeführt, die sehr eigenverantwortlich ihr Forschungsprojekt im Rahmen ihrer Bachelorarbeit, eines Praktikums oder einer studentischen Arbeitstätigkeit in Teamarbeit entwickeln.
– Zum anderen haben die Studierenden die Möglichkeit, ihr Forschungsprojekt der Öffentlichkeit vorzustellen und über den Verlauf und die Ergebnisse Fragen zu beantworten.
– Im Laufe des Projekts arbeiten die Studierenden auch mit den beiden involvierten Start-ups zusammen. In die Projektplanung fließen die Erfahrungen aller mit ein (ko-kreatives Arbeiten). Keep it grün dokumentiert das Projekt von ihrer Seite unter Mitwirkung von Studierenden.
Urbanes Gärtnern wird immer beliebter. Menschen treffen sich, bewegen sich an der frischen Luft, stellen eigenes Gemüse ohne Pestizideinsatz her und ernähren sich mehrheitlich pflanzenbasiert. Urbane Gemüsegärten bringen den Stadtbewohner*innen auch die Schwierigkeiten näher, die sich bei der Kultivierung von Pflanzen ergeben können, zum Beispiel wenn Pflanzenkrankheiten und Fraßfeinde auftreten, widrige Wetterlagen vorherrschen oder auch wenn der Boden nur mäßig für den Anbau bestimmter Pflanzenarten geeignet ist.
Torfbasierte Pflanzensubstrate werden nach wie vor von vielen Hobbygärtnerinnen und -gärtnern zur Pflanzenanzucht genutzt, weil Torferde nährstoffreich ist, Wasser gut speichert und für viele Pflanzenarten gleichermaßen optimal funktioniert. Dabei ist vielen nicht bewusst, dass Torf aus Mooren gewonnen wird, in denen organische Pflanzenbiomasse Kohlenstoff über tausende Jahre lang speichert. Durch die Torfgewinnung werden natürliche Moore als Ökosystem langfristig zerstört und Treibhausgase werden durch Torfnutzung freigesetzt1. Torfersatz im Gemüsegarten ist möglich und für den Klimaschutz notwendig.
Mit Nährstoffen geladene Pflanzenkohle wird seit alters her genutzt, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen, zum Beispiel in Südamerika in der sogenannten Terra Preta (Schwarze Erde). Pflanzenkohle rückt heutzutage wieder in den Vordergrund. Pflanzenabfälle, vor allem Strauchschnitt, werden durch Pyrolyse bei mehreren 100 Grad Celsius in Abwesenheit von Sauerstoff erhitzt, so dass sich Kohlenstoffverbindungen bilden, die Kohlenstoff über Hunderte von Jahren binden (Kohlenstoffsequestrierung) und somit Treibhausgase reduzieren (C-Senke)2. Da Pflanzenkohle dem Boden Nährstoffe und Wasser entzieht, kann Pflanzenkohle erst als Torfersatz genutzt werden, wenn sie zuvor mit Nährstoffen angereichert wird, etwa durch Mischung mit Kompost oder Vinasse.
Zusammengefasst kann man sagen, dass hobbygärtnerische Tätigkeiten mit aktivierter Pflanzenkohle als Torfersatz in mehrfacher Hinsicht dazu beitragen können, das Klima zu schützen und die nachhaltige Ernährung zu verbessern, und somit den Klimazielen einen Schritt näher zu kommen. Die beteiligten Studierenden haben großes Interesse daran, im Umweltbereich und Kontakt mit der Öffentlichkeit auch zukünftig zu arbeiten.
Die Studierendenstudie zur aktivierten Pflanzenkohle im Hobbygarten umfasste mehrere konkrete Schritte:
- Die Effekte auf die Keimung in Pflanztöpfen im Gewächshaus und auf das Pflanzenwachstum in Freiland zu untersuchen,
- die Effekte für drei verschiedene Gemüsepflanzen zu vergleichen (Schwach- bis Starkzehrer von Stickstoff),
- das Prinzip von aktivierter Pflanzenkohle für die Pflanzendüngung interessierten Personen im Hobbygarten vorzustellen,
- einen Einblick über die Datenerhebung und -analyse im Rahmen einer Bachelorarbeit zu geben.
Eindrücke von Studierenden:
Elias Warnke (Bachelorarbeit):
Mit Gewächshaus-Versuchen galt es zunächst einmal herauszufinden, ob Unterschiede im Wachstum und der Keimung zwischen Pflanzen mit Pflanzenkohle-Gemisch und reiner Erde festgestellt und mittels automatisierter Phänotypisierung3 gemessen werden können. Für diese Versuche wurden Rucola-, Kohlrabi- und Zucchini-Pflanzen untersucht, da diese unter anderem praxisnah für Hobbygärtner*innen sind.
Nachdem die Grundlagen evaluiert wurden, konnten teils Unterschiede im Höhenwachstum und der Keimung gefunden werden, welche auf einen positiven Effekt der aktivierten Pflanzenkohle hindeuteten. Diese Vorversuche im Gewächshaus waren die Motivation für anschließende Feldversuche.
© E. Warnke
Ragni Verma (Master-Studentin, Praktikantin, wissenschaftliche Hilfskraft):
Wir begannen mit dem Experiment im Gewächshaus und setzten es dann auf dem Feld in Düsseldorf-Hamm fort. Dieses Experiment hat einen sehr praktischen Ansatz, da wir die Pflanzen unter natürlichen Wetter- und Bodenbedingungen wachsen sehen konnten. Diese Herangehensweise war neu für uns und ging mit einer Menge Fehlersuche während des Prozesses einher, die nun eine hilfreiche Information für ähnliche zukünftige Projekte sind. Da Biokohle ein organischer Dünger ist, wäre es großartig, sie effektiv für den Gartenbau zu nutzen. Wir konnten aus dem ersten Freiland-Experiment ableiten, dass sich Biokohle eher positiv auf das Pflanzenwachstum und die Ertragsproduktion der Pflanzen auswirkt, aber auf der Grundlage dieses Experiments sollten weitere Arbeiten durchgeführt und Experimente entworfen werden, um noch präzisere Schlussfolgerungen zu erhalten. Außerdem ist die Untersuchung und Erforschung von Biokohle und ihrer Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum ein Gebiet, auf dem es noch viel zu erforschen gibt, so dass dieses Experiment eine Grundlage für viele weitere mögliche Ideen bildet, die erforscht werden können. Das Experiment ermöglichte es uns allen, organisiert, unabhängig, schnell und entschlossen zu arbeiten.
© L. Beser, R. Verma
Lena Beser (Bachelorarbeit):
Ich habe im Rahmen meiner Bachelorarbeit den Einfluss von aktivierter Pflanzenkohle auf das Wachstum von Zucchini im Freiland untersucht.
Die Pflanzen wurden im Gewächshaus angezogen, das war der „leichte“ Part des Experiments. Denn nach zwei Wochen wurden die gekeimten Pflanzen auf dem Feld der Hammer Ernte ausgepflanzt. Die harte Erde machte es uns gerade im Hochsommer mit wenig Regen schwer, Löcher zum Einpflanzen zu graben. Um das Wachstum zu untersuchen, wurden die Pflanzen jede Woche vermessen, bei jedem Wetter – egal ob Hitze, Regen oder pralle Sonne. Hier wurde schnell klar, wie anspruchsvoll es sein kann, eine Studie im Freiland durchzuführen, ohne kontrollierte Bedingungen.
© L. Beser, P. Bauer
Alina Müller (Bachelorarbeit):
Versuche im Freiland sind häufig mit einigen Herausforderungen und Überraschungen verbunden, da es nicht möglich ist, die Bedingungen wie im Gewächshaus zu steuern. Dadurch ist der Versuch jedoch näher an den Bedingungen im eigenen Garten oder auf dem Balkon. Die positiven Effekte der Pflanzenkohle auf das Fruchtwachstum sind trotz suboptimalem Boden zu erkennen. Ob es auch positive Effekte im Nährstoffgehalt der Früchte gibt, untersuche ich derzeit. Die Ergebnisse stehen noch aus. Die Möglichkeit, das eigentlich lang bekannte Wissen über die positiven Effekte der Pflanzenkohle an umweltbewusste Hobbygärtner*innen weitergeben zu können, macht unsere Arbeit besonders interessant, abwechslungsreich und sinnerfüllt.
© A. Müller
Lea Reinhardt (Bachelor-Studentin, Praktikantin, studentische Hilfskraft):
Das Projekt soll sich an alle richten, die an der Gärtnerei interessiert sind, Hobbyisten, Gärtner*innen, Selbstversorger*innen, etc. Und damit wollen wir unsere Ergebnisse verständlich und gebündelt darbieten. Ich habe die Zucchini-Pflanzen täglich gepflegt und das Feld mit allen Beteiligten in Stand gehalten, die Pflanzen versorgt und die Früchte beim Wachsen beobachtet. Auch während des Wachstums von Pflanzen und Früchten ließ sich der Unterschied je nach Bodensubstrat erkennen und wir hoffen, allen Garten-Begeisterten die Vor- und Nachteile von Biochar (Engl. für Pflanzenkohle) näher bringen zu können.
© L. Reinhardt, L. Beser
© P. Bauer, L. Beser
1https://www.tagesschau.de/wissen/klima/moore-klimaschutz-103.html
2https://www.ithaka-journal.net/inhalt/klimafarming?lang=de
3Phänotypisierung bedeutet, dass verschiedene Merkmale begutachtet werden. Diese bezogen sich in unserem Fall auf die Größe und die Blattfarbe der Pflanzen als Indikator für das Wachstum und das physiologische Wohlbefinden. Mittels eines speziellen Geräts wurden die Daten im Gewächshaus automatisiert für einzelne Pflanzen in Töpfen aufgenommen.