von Anna-Maria Möller
Das West German Genome Center (WGGC) hatte vor kurzem die Ehre, im Rahmen des Veranstaltungsprogramms der Bürgeruniversität einen Beitrag über die Bedeutung der DNA für unsere Gesundheit zu gestalten. Wir starteten mit einer Einführung in den Begriff des Next Generation Sequencing (NGS) – dem Kernstück unserer Arbeit als Sequenzierzentrum. Mit modernsten Technologien entschlüsseln wir DNA und beantworten so wissenschaftliche Fragestellungen aus allen Bereichen der Life Sciences.

Die Entschlüsselung des genetischen Codes birgt enormes Potenzial: Sie hilft uns, die Natur besser zu verstehen und ermöglicht tiefere Einblicke in unsere Gesundheit. NGS findet heute Anwendung in der Medizin und Diagnostik, in der Forensik sowie in der Umweltforschung und Industrie, beispielsweise zur Überwachung von Lebensmittelsicherheit.
Typische Fragestellungen, die mit NGS beantwortet werden können, sind etwa:
- Wie schnell verändert sich ein Virus während einer Pandemie?
- Welche genetischen Varianten machen Pflanzen widerstandsfähiger gegen Trockenstress?
- Welche Gene sind in bestimmten Zelltypen bei Krankheiten fehlreguliert?
- Wie verändert sich die Genaktivität während des Alterns?
Um NGS zu verstehen, lohnt sich ein kurzer Blick in die Historie der DNA-Sequenzierung. Die enormen Fortschritte der letzten Jahrzehnte werden besonders am Beispiel des Human Genome Project deutlich: Als 2003 das erste vollständige menschliche Genom veröffentlicht wurde, hatte das Projekt rund 20 Jahre gedauert und etwa drei Milliarden Dollar gekostet. Heute dagegen kann ein Genom innerhalb eines Tages sequenziert werden – für etwa 200 bis 1000 Euro.
Wie ist das möglich?
Die entscheidende Innovation von NGS im Vergleich zur ersten Sequenziergeneration liegt in der drastischen Erhöhung des Durchsatzes. Millionen DNA-Fragmente können parallel sequenziert werden. Erst durch diese Zeit- und Kostenreduktion wurde DNA-Sequenzierung zu einem alltagstauglichen Werkzeug in der klinischen Diagnostik.
Doch die Entwicklung geht weiter. Derzeit zeichnet sich ein starker Trend hin zur Sequenzierung langer DNA-Fragmente ab. Während früher Fragmente von rund 300 Basenpaaren üblich waren, ermöglichen moderne Plattformen heute Längen von über 100.000 Basenpaaren. Dadurch lassen sich zuvor schwer zugängliche, hoch repetitive Bereiche sowie komplexe strukturelle Veränderungen viel besser analysieren.
Ein Tipp an dieser Stelle: Falls euch das Thema Next Generation Sequencing interessiert, hört doch mal in unseren Explain Podcast rein, meine Kollegin Dr. Iuliia Novoselova und unser Bioinformatiker Dr. Daniel Rickert sprechen dort sehr charmant über topaktuelle Themen und Trends in diesem Bereich!
Im Anschluss an den Vortrag wurde der Abend durch eine Ethik-Podiumsdiskussion abgerundet – mit unserem Expert*innenteam der HHU und des UKD: Prof. Dr. Dagmar Wieczorek, Prof. Dr. Heiner Fangerau und Prof. Dr. Klaus Pfeffer. Das Publikum stellte zahlreiche Fragen – etwa zur „Personalisierten Medizin“, zur Datensicherheit, zur Rolle von Künstlicher Intelligenz und zur Überwachung zukünftiger Pandemien.

Das klare Fazit des Abends:
Den genetischen Code zu entschlüsseln – das können wir inzwischen sehr gut. Ihn jedoch zu verstehen und die komplexen Zusammenhänge zu deuten, das ist die eigentliche Kunst. Krankheitsbilder entstehen aus einem Zusammenspiel vieler Faktoren, und allein die Sequenzinformation erzählt nur einen Teil der Geschichte. Hier liegt großes Potenzial in KI-basierten Methoden, die zukünftig helfen können, Muster zu erkennen und Zusammenhänge zu entschlüsseln.
Der Abend hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Wissenschaftler*innen ist – wie in diesem Fall aus Data Science und Biologie – um die Komplexität der Natur zu verstehen.
Wenn ihr auch an zukünftigen Events vom West German Genome Center interessiert seid, folgt uns gern auf LinkedIn oder schreibt euch für unsere Mailing List ein.
Aktuelle Forschungsprojekte, die im Rahmen unserer NGS-CN Webinare vorgestellt wurden, findet ihr auf unserem Youtube-Channel.
Dr. Anna-Maria Möller ist Bildungskoordinatorin des West German Genome Centers und konzipiert Bildungsformate im Bereich DNA Next Generation Sequenzierung für Studierende an der HHU/UKD.