von Christine Stender
„Ein Science-Slam ist ein wissenschaftliches Kurzvortragsturnier, bei dem Wissenschaftler ihre Forschungsthemen innerhalb einer vorgegebenen Zeit vor Publikum präsentieren. Im Vordergrund steht die populärwissenschaftliche Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte; die Bewertung erfolgt durch das Publikum.“ (Wikipedia)
Was laut Wikipedia erstmal recht klar und deutlich klingt: 10 Minuten, wissenschaftliche Inhalte, zugängliche Vermittlung und Entscheidung durch das Publikum – artete sich für mich, Christine, in eine spannende, aufregende und herausfordernde (Charakter-)Übung aus. Wie sehr, da hatte ich ehrlich gesagt bei meiner Anmeldung zum Heinrich – der Slam nicht mit gerechnet.
Allein schon die Frage von unserer Coachin Jutta Stolze-Teuwsen im Vortreffen, was denn der wichtigste (oder witzigste) Punkt meiner Forschung sei, hat mich über Tage nicht in Ruhe gelassen. Denn ein Forschungsprojekt, mit dem man sich seit Jahren beschäftigt, in 10 Minuten runterzubrechen und dann auch noch zu entscheiden, was daran ganz besonders wichtig oder witzig ist, ist keine leichte Aufgabe.
Bei mir wurden es dann Verwirklichungschancen, also „die Möglichkeiten oder umfassenden Fähigkeiten von Menschen, ein Leben führen zu können, für das sie sich mit guten Gründen entscheiden konnten.“ (Sen, Amartya (2000): Ökonomie für den Menschen. Wege zur Gerechtigkeit und Solidarität in der Marktwirtschaft, S. 29.) – und was die mit Pavarotti, Grumpy Cat und Citizen Science zu tun haben, werde ich hier nicht nochmal niederschreiben, das könnt ihr euch in der Videoaufzeichnung des Abends anschauen.
© Theresa Stärk
Was mich dazu animiert, dem Slam einen Blogbeitrag zu widmen, ist seine Grundidee, die Brücke zwischen wissenschaftlicher Arbeit und gesellschaftlicher Lebensrealität zu schlagen: Menschen mit neuen Themen zum Lachen, zum Staunen und zum Mitdenken zu bewegen. Denn auch Citizen Science setzt sich dieses Ziel – zwar weniger offensiv auf Lacher aus und dafür mehr aufs Mitdenken, aber die Herausforderung als Wissenschaftlerin, Menschen für das eigene Forschungsthema zu begeistern, ist beim Science Slam wie bei der Citizen Science groß. Und genauso groß ist die Freude, wenn es dann klappt.
Wie es insgesamt beim HEINRICH 2023 war, will nicht ich berichten, sondern überlasse das den Kolleg*innen des PhilGRAD, deren wunderbaren Text ich hier einbetten darf. Und bei denen ich mich auch hier nochmal ganz herzlich für einen großartigen Abend bedanken möchte!
Text: Redaktion philGRAD
Am 21.06.2023 war es wieder soweit: HEINRICH – der Slam. Während auf dem Campus die Summerbeachparty tobte, fieberten rund 300 Gäste gebannt mit den Slammer*innen beim Science Slam der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität. Organisiert wurde der Slam von Dr. Simone Brandes, Leiterin der Graduiertenakademie philGRAD.
© HHU / Medienlabor
Auch wenn der Hörsaal angenehm klimatisiert war, brodelte die Stimmung und das nicht zuletzt angefacht von Moderator und hauptberuflichem Comedian Nico Hoffmeister. Sechs Slammer*innen aus unterschiedlichen Fächern und Statusgruppen – von Bachelor- und Masterstudierenden über Promovierende bis hin zum Juniorprofessor – präsentierten ihre wissenschaftliche Expertise in den unterschiedlichen Disziplinen mit unterhaltsamen 10-Minuten-Vorträgen. Unterstützt wurden sie in der Vorbereitung von Jutta Stolze-Teuwsen als Coach.
Den souveränen Auftakt machte die Germanistin Maike Rettmann mit ihrem analytischen Slam „Im ‚Zungengewahrsam‘ – und wie man sich daraus befreit. Wege zum Verständnis kreativer Metaphern“, gefolgt von Finn Dittmer zu „Taxifahr-Scheinen, Faculty Clubs und geisteswissenschaftlichen Igeln“, der dem Publikum das junge Fach Transkulturalität und dessen Vorzüge der interdisziplinären Perspektiven näherbrachte. Laura Hartmann-Wackers sensibilisierte mit philosophischen Sichtweisen für das scheinbare Dilemma des Privacy Paradox in „Geteilt, geliked und gut geschützt? Anmerkungen zum Privacy Paradox“. Mit dem provokanten Titel „Kultur für Alle – außer für Arme? Über Verwirklichungschancen kultureller Teilhabe“ überzeugte Christine Stender von den Möglichkeiten der Citizen Science und gab erste Umfrageergebnisse ihrer Forschung im Fach Kunstgeschichte bekannt. Wie man im Alten Rom Senator wurde, ohne vorher Quaestor gewesen zu sein und wie sich das heutzutage erschließen lässt, erläuterte anschaulich Juniorprofessor der Geschichte Jan Kötter in „Viele Wege führen in den Senat – (un)klare Karrierewege im Alten Rom“.
Im finalen Applaus-Stechen mit Christine Stender setzte sich die Anglistikstudierende Elena John mit ihrem feministischen Vortrag „Das Einzige, was durch mich hart wird, ist mein Leben – Weibliche Comedy und Selbstironie“ zur Auseinandersetzung mit den Vor- und Nachteilen der komödiantischen Selbstherabsetzung und der sozialen Verantwortung von weiblichen Comedians durch. Unter furiosem Jubel und Getöse im Konfettiregen fand der Abend seinen verdienten Höhepunkt und der heiß begehrte Wanderpokal sein neues Zuhause im Institut für Anglistik.
Die Videoaufzeichnung des Slams gibt es hier: https://www.youtube.com/watch?v=PSJhro3XCAk&t=3654s
©HHU / Medienlabor
Mehr Informationen zum HEINRICH findet ihr hier: https://heinrich-der-slam.phil.hhu.de/