von Azin Haghbin
Teil 2 unserer Reihe zur Sammlungsarbeit – denn nach der Ausstellung ist vor der Ausstellung!
Wir haben uns alle schon einmal eine Ausstellung in einer Sammlung angeschaut, sind durch die Räume von Museen gegangen und die kuratierten und gesammelten Objekte betrachtet oder sind online über digitalisierte Ausstellungsprojekte gestolpert. Doch wie genau läuft das in einer öffentlichen Sammlung eigentlich ab?
In diesem Beitrag wird das Dokumentieren und Erschließen in öffentlichen Sammlungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung thematisiert. Zunächst beschäftigen wir uns mit der Frage nach der Definition von Dokumentation und Erschließung.
Öffentliche Sammlungen und Museen haben die Aufgabe, kulturelle Güter zu sammeln, zu bewahren, zu erforschen und öffentlich zu machen. Die Sammlungen sind dabei der wichtigste Bestandteil und somit auch ihre Dokumentation. Dies bedeutet, dass die Objekte der Sammlung in arbeitsteiligen Schritten sowohl für interne Arbeiten als auch für das öffentliche Publikum erfasst werden. Ihre Erschließung erfolgt durch beispielsweise wissenschaftliche Katalogisierung in Datenbanken und Archiven. Der Digitalisierungsprozess unserer heutigen Zeit, in der die Welt um uns herum immer schneller und ungreifbarer wird, vereinfacht hier nun den Zugriff und Zugang zu den erschossenen Archiven.
Die Dokumentation in Sammlungen bedeutet, dass die Sammlungsobjekte kontinuierlich und nach einem festgelegten System erfasst werden. Dazu zählt die Eingangsdokumentation, die Objektangaben wie unter anderem Name, Material, Maße und Erhaltungszustand. Durch die Erschließung in Sammlungen, werden die Objekte nutzbar gemacht, um sie dann gezielt auffindbar zu machen.
Die Objekte werden für eine Datenbank, oder einen Katalog genau beschrieben und dann anschließend online publiziert und zwar so, dass sie in einem Online-Katalog auffindbar sind.
Man unterscheidet zwischen formaler und inhaltlicher Erschließung. Die Formalerschließung ermöglicht die Suche nach formalen Angaben wie Personen oder Titel, während die Inhaltserschließung den Bestand nach inhaltlichen Schlagwörtern strukturiert.
Dokumentieren und Erschließen in Sammlungen dient der Erkenntnis dessen, was da ist und das dann auch systematisch erschlossen wird. Ein besonderer Vorteil entsteht dann dadurch, wenn diese anschließend digitalisiert werden und dadurch virtuell nutzbar sind. Ein digitalisierter Bestand ermöglicht beispielsweise den vereinfachten Zugriff auf die gewünschten Objekte, mit der nötigen technologischen Voraussetzung. So ist unsere Ausstellung das Ergebnis des forschenden Umgangs mit digitalisierten Beständen. Gearbeitet und geforscht haben wir mit einem großen Teil der dokumentierten und erschlossenen Buchillustrationen aus der Sammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf.
Diese Beispiele gehören zu einem umfangreichen Bestand von illustrierten Büchern und Mappenwerken, die wie viele andere im Altbestand der Universitäts- und Landesbibliothek, aus der ehemaligen Landes- und Stadtbibliothek Düsseldorf stammt. Dieser Altbestand umfasst ca. 210 Titel (250 Bände) die digitalisiert wurden. Ausgehend von diesem Bestand konnte wir unsere Ausstellung entstehen lassen. Eine Auswahl dieser Bücher wird in der Ausstellung Kunst für Kinder. Illustrationen aus dem Umfeld der Kunstakademie in Düsseldorf und Dresden vorgestellt.
Die besondere Bedeutung von digitalisierten Beständen in öffentlichen Sammlungen lässt sich dadurch verdeutlichen, als dass sie für Forschungszwecke ortsunabhängig zugänglich sind. Hier stellt sich jedoch die Frage, wann die Bestände der Sammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf digitalisiert und erschlossen wurden? Im Rahmen eines Digitalisierungsprojektes, dessen Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) von Anfang 2009 bis 2011 lief, wurden die illustrierten Bücher und Mappenwerke der Düsseldorfer Malerschule aus dem Bestand digitalisiert, formal und inhaltlich erschlossen und der Öffentlichkeit über die Digitalen Sammlungen frei zur Verfügung gestellt. Es handelt sich um 232 Titel. Könnt ihr euch ungefähr vorstellen, wie viele Seiten das wohl wären? Tatsächlich sind es fast 70.000 Seiten. Darunter sind wenig bekannt, aber auch namenhafte Künstler wie Ludwig Richter (1803–1884) und Gustav Süs (1823–1881). Die Erschließung dieser Bestände hilft nun bei der digitalen Recherche in einem online Katalog. Die Bücher wurden einzeln verschlagwortet und samt ihren Illustrationen digitalisiert, durch die man virtuell durchblättern kann.
Dieser digitale Wandel in kulturellen Betrieben zeigt sich als notwendig und durchaus wichtig. Er ist allerdings auch mit Komplikationen verbunden, denn oftmals scheitert eine weitreichende Infrastruktur für die nötige Erschließung von Sammlungen und Archiven an der mangelnden Kapazität und Finanzierung. Blickt man über unser Beispiel hinaus, werden anderorts durch andere online Angebote in Sammlungsdatenbanken, wie der DDB (Deutsche Digitale Bibliothek), mehrere Kunstwerke des/derselben Künstler*in oder Einzelteile von Kunstwerken virtuell zusammenführen und in einem neuen Kontext präsentieren.
Die Weiterentwicklung von geförderten Kooperationen und Infrastrukturen zwischen Museen, Bibliotheken und Archiven sollte als wertvolle Grundlage für digitale Kunstgeschichte gesehen werden. Wie wir alle gemerkt haben und auch die aktuelle Zeit der Pandemie gezeigt hat, dient die Digitalisierung besonders jetzt als Brücke zwischen entfernten Gebieten. Es ist ein Netzwerk, dass uns durch Raum und Zeit miteinander in Verbindung setzt.
Links zur Lektüre
Kathrin Lucht-Roussel, Die Düsseldorfer Malerschule in der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, in: Jahrbuch der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf 2008/ 2009
Deutscher Museumsbund, Leitfaden für die Dokumentation von Museumsobjekten, 2017
Titelbild aus: Gustav Süs, Froschküster Quak, Glogau 1862, ©Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
Vom 28.6. bis zum 31.12.2021 konntet ihr unsere Ausstellung Kunst für Kinder. Illustrationen aus dem Umfeld der Kunstakademien in Düsseldorf und Dresden online betrachten – und hören! Bis Dezember 2021 veröffentlichten wir mit Hilfe der Bürgeruniversität das digitale Begleitprogramm mit Bildern, Blogeinträgen und Podcasts zur Ausstellungsentstehung und einzelnen Themenbereichen.
Kontakt kunstfuerkinder@hhu.de