Ist Fridays for Future zu jung?

Von Maryam Dabbagh, Julia Jagosz, Sarah Kappert, Carina Klebuch, Christine Mendy, Arthur Mühl 

Seit die Klimabewegung Fridays for Future 2018 ins Leben gerufen wurde, wird der Klimakrise mehr und mehr Aufmerksamkeit gewidmet – die Meinungen und Forderungen der jungen Generation werden gehört. Doch wo die Bewegung am Anfang noch Euphorie auslöste, finden sich heute vermehrt Bedenken über die Teilnehmer:innen der Fridays for Future Bewegung. Und wo früher noch über die Ziele und Visionen der jungen Bewegung berichtet wurde, rücken die Aktivist:innen selbst mehr und mehr in den Fokus. Ein guter Zeitpunkt also um vorhandene Vorurteile aufzuarbeiten.

Beschäftigt man sich ein wenig mit der allgemeinen Meinung zu der Fridays for Future Klimabewegung, kristallisieren sich drei zentrale Kritikpunkte heraus:

  1. Fridays for Future besteht aus Kindern, denen das Verständnis von internationaler multilateraler Kooperation, Wirtschaft und dem Klima fehlt. 
  2. Sie sind zu jung, um ein ausgereiftes, politisches Bewusstsein zu besitzen und sollten lieber in die Schule gehen, um sich dort weiterzubilden.
  3. Das Schulschwänzen ist der größte Motivator für die Jugendlichen. Die Meisten von ihnen interessieren sich gar nicht dafür, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen und achten selbst nicht auf ihren Konsum und ihren ökologischen Fußabdruck.

Ist Fridays for Future tatsächlich zu jung? Oder wie lassen sich diese Vorurteile gegenüber der jugendlichen Klimabewegung erklären?

Das Phänomen der Vorurteilsbildung ergibt sich aus einem einfachen Grund. Aktivist:innen agieren meist als Gegenpol zum vorherrschenden Gesellschaftsentwurf und bringen das, was bereits besteht, ins Wanken. Sie ecken mit der aktuellen Mehrheitsmeinung an und ziehen durch ihre Proteste gleichzeitig viel Aufmerksamkeit auf  sich und ihre Forderungen. 

Teile der Gesellschaft neigen dagegen dazu, sich auf Altbewährtes zu verlassen. Sie verlassen sich auf das, was sie glauben zu wissen – neue Standpunkte und Diskurse, besonders von Aktivist:innen, werden hinterfragt und ihre Handlungen kritisiert. Ein weiterer beobachtbarer Faktor bei der Fridays for Future Bewegung ist das bemerkbar junge Alter der Aktivist:innen. Egal wie gut die Jugendlichen sich informiert haben und ob die wissenschaftlichen Erkenntnisse auf ihrer Seite sind – aus Sicht der älteren Bevölkerungen fehlt es ihnen an Lebenserfahrung und somit auch an Wissen. Die Jugendlichen werden zu großen Teilen nicht ernst genommen, gerade von den älteren Generationen.

Eine andere Frage, die im Rahmen der Klimabewegungen aufkommt, bezieht sich auf die Wahrnehmung der Jugendlichen. Handelt es sich bei ihnen schon um Aktivist:innen? Müssen Klimabewegungen nur aus Aktivist:innen bestehen? Und ab wann ist man überhaupt ein Aktivist:in?

Als Aktivist:in wird eine Person bezeichnet, die mit besonderen Leistungen, mit Aktivismus, versucht bestimmte Ziele zu erreichen. Oft sind diese im weitesten Sinn politischer Art und stammen insbesondere aus den Bereichen der Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialpolitik sowie der Bürger- und Menschenrechte. Ein Aktivist oder eine Aktivistin unterscheidet sich von Politiker:innen vor allem darin, dass er oder sie seine oder ihre Ziele nicht über direkte Teilhabe an dem formellen politischen Prozess erreichen will, etwa durch Anstreben eines politischen Amts oder der Mitarbeit in einer Partei, sondern auf eher informelle Art und Weise – etwa durch Öffentlichkeitsarbeit, Demonstrationen und Internetaktivitäten.

Ein informeller oder auch organisierter Zusammenschluss vieler Aktivist:innen wird bei entsprechenden Zielen auch Soziale Bewegung genannt. Größere organisierte Zusammenschlüsse von gleichgesinnten Aktivist:innen werden teilweise auch als Nichtregierungsorganisationen (NGO) bezeichnet.

Es zeigt sich: Es gibt nicht den einen idealtypischen Aktivisten oder die idealtypische Aktivistin. Sie unterscheiden sich in Wirkungsweise, Organisation und dem Maß an Politikbeteiligung. Aktivist:innen agieren in der Zivilgesellschaft, sie vermitteln das Wissen von Expert:innen an die breite Gesellschaft und prangern Probleme öffentlich an.

Luisa Neubauer, Studentin und Fridays for Future Aktivistin, erklärte in einer ihrer Reden, dass sie niemals Aktivistin sein wollte. Sie vertraute auf die Politik, bis sie merkte, dass diese keine Lösung für die Klimakrise bereit hielten. Das macht Aktivismus auch zu einer gewissen Notlösung für die heutige, junge Generation, die Fragen, Vorstellungen und Forderungen für und an die heutige und zukünftige Politik hat.

Wer ist also Aktivist? Grundsätzlich jede:r!

Und ist Fridays for Future zu jung?

Vielleicht ist es von viel mehr Bedeutung zu verstehen, was die Menschen der jungen Generationen uns auf Demonstrationen mitteilen wollen und nicht, ob sie nun Aktivist:innen sind oder eben nicht. Und ihre Nachricht machen sie klar:

Es ist Zeit, dass die Menschheit etwas gegen den Klimawandel tut. Solidarisch, gemeinsam und schnell.

Quellen:

Fähnrich, B., Riedlinger, M., & Weitkamp, E. (Hrsg.) (2020). Activists as “alternative” science communicators —Exploring the facets of science communica-tion in societal contexts. Commentary set. Journal of Science Communication, 19(06).

Schäfer, M.S., Post, S., Schwab, R. et al. (2018). Transnationalisierte Öffentlichkeit und Klimapolitik. Publizistik 63, 207–244.

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