Die neue Generation Klimabewegung – Demonstrieren in Pandemiezeiten

Was FFF und XR so neuartig macht und inwieweit die Pandemie Einfluss auf sie hat

von Carina Klebuch, Julia Jagosz, Dania Nassim, Katrin Hiluk und Vivien Domagala

Mit Sicherheit hast du durch soziale Medien, Nachrichten, Zeitung oder Freunde schon mal von Fridays for Future (FFF) gehört, wahrscheinlich auch von Extinction Rebellion (XR). Diese beiden sind wohl die prominentesten Klimabewegungen unserer Zeit. Vielleicht ist dir bei der Berichterstattung auch aufgefallen, wie jung diese Bewegungen sind – doch wie neu sind FFF und XR wirklich?

Veränderte Bedingungen erfordern veränderte Maßnahmen

Eines lässt sich in den letzten Jahren festhalten: Der Klimawandel erhält immer mehr sowohl mediale als auch allgemeine Aufmerksamkeit. Gründe dafür lassen sich in den Bereichen der Wissenschaft, Politik und Gesellschaft finden.

Die Wissenschaft legt immer mehr Belege für die Dringlichkeit von Maßnahmen gegen die Klimakrise vor. Im politischen Kontext gab es daher verschiedene globale Klimakonferenzen, die mit einem Protokoll abgeschlossen wurden. Es enthält Maßnahmen gegen die Klimakrise, zu dessen Einhaltung sich die Unterzeichnerstaaten in den Folgejahren verpflichten. 2012 lief etwa das Kyoto-Protokoll aus, woraufhin der Wunsch nach einem besseren Abkommen vor allem in den Reihen der Klimaaktivist:innen laut wurde. Im gesellschaftlichen Kontext nahm die weltweite Gerechtigkeitsbewegung das Thema Klimawandel und -schutz auf – der Begriff Klimagerechtigkeit wurde etabliert.

Doch wie haben sich die Klimabewegungen in puncto Teilnehmer:innen (Wer?), Maßnahmen (Wie?) und Gründe (Warum?) entwickelt?

Das „Wer“ verschiebt sich

Wenn dir die Worte „Fridays for Future“ begegnen, denkst du vielleicht an Greta Thunberg. Als 15-Jährige vor dem schwedischen Parlament sitzend gestartet, ist sie mittlerweile das Gesicht von FFF. Die Bewegung entwickelt sich international rasant und ist mittlerweile die präsenteste Nicht-Regierungsorganisation. 

Beim Blick auf die Protestierenden fällt auf: Sie sind jung, sie sind Neulinge. Und hier steckt das erste Indiz für einen Wandel: FFF schafft es, zu mobilisieren – und das in ganz anderen Kreisen als frühere Klimabewegungen.

Das „Wie“ nimmt eine andere Richtung

Ziviler Ungehorsam oder Protestmärsche gehören schon lange zum Klimaaktivismus dazu. Doch eines änderte sich erstaunlicherweise bei FFF und XR: Statt wie bisher ausdrücklich auf „Do-it-yourself“-Aktionen zu setzen, die den einzelnen zu klimabewussterem Verhalten anregen sollen, zeichnet sich zusätzlich eine Rückkehr zum Staat ab. Dies ist unter anderem sichtbar an den drei Forderungen, die Extinction Rebellion an die Regierung richtet:

  1. Die Wahrheit sagen
  2. Jetzt handeln
  3. Bürgerversammlungen einrichten

Das „Warum“ bleibt zum Großteil gleich

Die Klimaproblematik ist dabei alles andere als neu: Menschengemachte Treibhausgas-Emissionen führen zur Erderwärmung, Pole schmelzen, Wetterextreme häufen sich.

Die Lösung ist dagegen vager geworden – #listen to the science ist nun der Slogan – damit verbunden ist eine klare Botschaft an die Politik: Ergreift jetzt Maßnahmen.

Ist die Pandemie jetzt aber ein guter Zeitpunkt für Aktivist:innen, um über den Klimawandel zu sprechen?

Momente des Wandels sind oft auch Momente, in denen Menschen offener für Veränderungen sind: Doch aufgepasst! Die Forschung zeigt, dass es in Zeiten wie diesen mehr als sonst auf die Kommunikation ankommt.

Durch die Pandemie gehören nun seit zwei Jahren weitere Kommunikationswege zum Repertoire der Klimabewegungen: Es finden beispielsweise online viele Sitzungen gemeinsam mit Wissenschaftler:innen statt, bei denen man zuhören und diskutieren kann. Interessanterweise zeigt die Forschung: Die Besorgnis der Öffentlichkeit über den Klimawandel ist während der Pandemie nicht zurückgegangen!

Covid-19 kann sich wie eine beschleunigte Analogie für den Klimawandel anfühlen und eindrucksvoll die Bedeutung guter Kommunikation demonstrieren. Regierungen ringen plötzlich mit der Frage, wie sie das Verhalten ihrer Bevölkerung auf der Grundlage wissenschaftlicher Informationen ändern und gleichzeitig die Unterstützung und öffentliche Zustimmung aufrechterhalten können.

Die veränderte Art und Weise, wie wir leben, regt auch Gespräche über unsere Beziehung zur Umwelt an – die Verwundbarkeit unserer Ernährungssysteme, die Mythen und Realitäten der „Erholung der Natur“ ohne menschliche Aktivität, unsere Abhängigkeit von der Natur und voneinander, um zu überleben.

Ob die Pandemie dennoch ein Risiko für die Klimabewegungen wie FFF und XR darstellt, erfahren wir wirklich erst in naher Zukunft.

Gibt es jetzt also eine neue Generation der Klimabewegung?

Ja und nein. Klimabewegungen gibt es schon viel zu lange, um sie als neu betiteln zu können. Aber es ist neu, wer wie eine bessere Zukunft fordert. Kinder und Jugendliche gehen auf die Straße, um die Politiker:innen dazu aufzufordern, endlich etwas für ihre Zukunft zu unternehmen.

Die Art und Weise wie sehr vor allem Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene für ihre Zukunft kämpfen, auch unter erschwerten Bedingungen, wie einer weltweiten Pandemie, ist also definitiv neu!

Quellen:

Mocatta, Gabi; Hawley, Erin (2020): The coronavirus crisis as tipping point: communicating the environment in a time of pandemic. In: Media International Australia 177 (1), S. 119–124.

Moor, Joost de; Vydt, Michiel de; Uba, Katrin; Wahlström, Mattias (2021): New kids on the block: taking stock of the recent cycle of climate activism. In: Social Movement Studies 20 (5), S. 619–625.

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