von Marcel Ortiz Gonzalez, Laura Weidel, Isabel Rheims, Zijin Zhang und Nina Roberts
Wir alle durften es in den letzten zwei Jahren miterleben: Covid-19 hat die Welt, wie wir sie bisher kannten, grundlegend auf den Kopf gestellt. Besonders stark davon betroffen ist die Schule. Dabei muss eigentlich gar nicht erst erwähnt werden, welche Hürden entstanden. Denn jede:r Schüler:in kennt es: Von Mitschüler:innen, die vergessen das Mikrofon auszuschalten bis hin zu Lehrer:innen, die nicht wissen, wie sie ihren Bildschirm teilen, ist alles dabei. Eine solche Situation erfordert Kenntnisse und Fähigkeiten, die erworben werden müssen. Viele dieser Kompetenzen können unter dem Begriff digital literacies zusammengefasst werden.
Was bedeutet digital literacies?
In einem Vortrag zum Thema digital literacies in der Schule schlägt Nicky Hockly, die sich als Pädagogin schon seit einiger Zeit mit dem Thema digitale Schulbildung auseinandersetzt, eine mögliche Definition des Begriffs anhand einer Unterteilung in vier verschiedene Bereiche vor. Wie das aussieht, ist in der folgenden Grafik veranschaulicht:
Du erkennst: Es gibt eine Unterscheidung zwischen vier Gebieten, die sich aufeinander beziehen und sich überschneiden.
Zunächst aber genügt es zu wissen, dass digital literacies ein wichtiger Teil der schulischen Ausbildung sein sollten, insbesondere in Zeiten von Covid-19. In dem Zusammenhang bleiben einige Fragen ungeklärt: Warum sollten digital literacies Teil der Bildung sein? Wie kann so etwas umgesetzt werden? Welche weiteren Effekte haben Situationen wie die Pandemie auf die Schulbildung? Was sind Chancen und Herausforderung, die dadurch entstehen? Zu diesen Fragen möchten wir im Folgenden Antworten geben.
Welche Probleme haben wir aktuell in der Schulbildung?
Schauen wir uns doch zuerst mal den aktuellen Stand des Bildungssystems und die damit einhergehenden Probleme an. Manche von uns werden es vielleicht noch aus der eigenen Schulzeit kennen: Lernen fiel um einiges schwerer, wenn man sich nicht gerade in der Schule befand. Zuhause war es zu verlockend, die Freizeit zu genießen und sich mit Schule nicht mehr als nötig zu befassen. So schön dies auch klingen mag, stellt es gleichzeitig ein zentrales Problem dar. Denn die teilweise wichtigsten Lernprozesse spielen sich heutzutage außerhalb der Schule ab, was allerdings im Bildungssystem nicht berücksichtigt wird.
Ein Phänomen, welches ihr bestimmt schon mal erlebt habt, lässt sich unter dem Begriff des gift wrapping fassen. Dahinter steckt, dass die neueste Technologie angeschafft, aber nicht in vollem Maße genutzt wird (z. B. Hilfsmittel wie Whiteboards oder Schüler:innen-Tablets). Die Lehrmethoden werden nicht im Einklang mit den neu angeschafften Technologien weiterentwickelt, sondern die bisherige Art zu unterrichten wird 1:1 ins Digitale übertragen. Das heißt, die technischen Möglichkeiten werden unzureichend ausgeschöpft. Das hat neben finanziellen Unkosten zur Konsequenz, dass der Unterricht weniger effizient, interaktiv und spannend gestaltet ist. Dabei stünden mit dem Einsatz digitaler Tools völlig neue Optionen offen, bei dem kooperativ und kreativ sowie an dem individuellen Lernstand und am persönlichen Interesse der Schüler:innen angeknüpft werden könnte.
Wo liegt also die Herausforderung? Warum neigen manche Lehrkräfte dazu an den bewährten Methoden festzuhalten und neue digitale Methoden abzulehnen? Eine Antwort darauf ist ein unzureichender Wissensstand über die Möglichkeiten, aber auch über die Anwendung der digitalen Tools. Es bedarf also regelmäßig stattfindender Weiterbildungen für Lehrkräfte, in denen sie den Umgang und die Möglichkeiten digitaler Methoden lernen und im Austausch mit anderen Lehrkräften bestehende Vorbehalte abbauen können.
Antworten auf die Herausforderungen?
Wir halten fest: Es gibt einige Bereiche im Bildungswesen, die von Änderungen profitieren könnten, insbesondere bezogen auf die Pandemiesituation. Aber was genau bedeutet das nun? Wie können solche Änderungen potenziell aussehen?
Beziehen wir uns zunächst einmal auf das Problem, dass hauptsächlich innerhalb der Schule gelernt wird. Die Lösung des Problems scheint hierbei naheliegend zu sein. Lernen muss auch außerhalb der Schule etabliert werden. Doch wie ist dies umzusetzen? Eine wichtige Idee in dem Zusammenhang ist das Konzept des Lifelong Learning [dt. “Lebenslanges Lernen”]. Es beschreibt, dass stetiges Lernen in und außerhalb der Schule und unabhängig von Alter oder Lebenswelt notwendig ist, um wertvolle lebensbegleitende Fähigkeiten zu erwerben. Diese Anpassungsfähigkeiten wiederum ermöglichen es uns, mit unberechenbaren Situationen wie der Corona-Pandemie umzugehen. Die letzten zwei Jahre waren schließlich ein perfektes Beispiel dafür, dass Lernen außerhalb der Schule ein wichtiger Prozess ist.
Wichtig ist weiter, dass die Rollen “Lehrer:in” und “Schüler:in” flexibler verstanden werden müssen. Die Lernenden sind heutzutage digital natives und können den Lehrkräften, die häufig digital immigrants sind, verschiedene Funktionen oder Anwendungsweisen von digitalen Inhalten erklären. Es gibt einen Austausch zwischen den beiden Gruppen, von dem alle profitieren.
Was bieten sich nun für Chancen und Möglichkeiten?
Wie wir in diesem Beitrag verdeutlicht haben, gibt es einige Hürden, die verstärkt durch Situationen wie die Covid-19 Pandemie sichtbar werden. Das Ziel: Kein kurzfristiges Handeln oder Reagieren, sondern jetzt das Bildungssystem reformieren und verbessern. Damit wir nicht hinterherlaufen, sondern vorangehen.
Wie das aussehen kann?
Die drei “T´s” (Training, Teaching, Technology), wie sie von Nicky Hockly formuliert werden, können als guter Leitfaden dienen, um digital literacies in das Schulsystem einzubinden. Hierbei ist Training der wichtigste Punkt. Mit Training ist gemeint, dass man schon in die Ausbildung zur Lehrkraft die Verwendung von digitalen Medien einbauen sollte. Lehrer:innen erhalten damit wirkliche Erfahrungen, die in der Unterrichtsgestaltung angewendet werden können. Teaching ist die Implementierung von digital literacies in den Lehrplan, aber hier geht es eher um das ‘Wie’ und nicht um die Technik selber. Diese findet sich im dritten Begriff Technology. Hierbei geht es nicht um die neueste Technik, sondern um die, die sinnvoll genutzt wird/werden kann. Das bedeutet, dass die Bildungsinstitutionen bei den Ausgaben mehr Wert auf die Ausbildung, als auf die Technik selber legen sollten, da dies wesentlich wichtiger ist.
Aber dennoch ist es wichtig, ein Mittelmaß zwischen digitalen und analogen Methoden zu finden. Da wir alle verschieden sind und somit auch jede:r anders lernen kann, gibt es auch Menschen, die besser mit analogen Methoden umgehen können und umgekehrt. Nun die Frage an euch: Wie schätzt ihr das Ganze ein? Kommt ihr besser mit Online- oder Präsenzlehre klar? Und als wie wichtig schätzt ihr die Digitalität in der Schulbildung ein? Lasst uns doch gerne einen Kommentar da und erzählt von euren eigenen Ideen und Erfahrungen zu dem Thema!
Quellen:
Fischer, G. (2021). “Challenges and Opportunities of COVID-19 for Rethinking and Reinventing Learning, Education, and Collaboration in the Digital Age”, merz | medien + erziehung, 65 (1), S. 30-36.
Hockly, Nicky (2018): Digital literacies. https://www.youtube.com/watch?v=qRN6HdbzPPU.