von Viktor Burgi
Es gibt für die Politikwissenschaft eine Woche im Jahr, in der der Vorwurf vielleicht zutrifft, dass sie sich in einer „Blase“ oder im „Elfenbeinturm“ bewegt. Denn in dieser Woche ruft eine besondere Konferenz: die ECPR. ECPR steht für „European Consortium for Political Research“ und meint die wissenschaftliche Vereinigung der Politikwissenschaft in Europa. Einmal im Jahr richtet diese Vereinigung eine allgemeine Konferenz aus, die dann einfach auch „ECPR“ genannt wird.
Wenn es stimmt, dass wir im Team Politik-Nerds sind, dann ist diese Konferenz wahrscheinlich das große europäische Nerd-Festival. In Vorträgen, Diskussionen und Forschungsberichten geht es um den aktuellen Stand der Wissenschaft. Von Montag bis Freitag gibt es die Möglichkeit zu spannendem Input, Kritik und Austausch mit anderen Forschenden aus ganz Europa. Auf der diesjährigen ECPR Ende August (natürlich komplett online) haben wir den Stand der Forschung aus unserem Citizen-Science-Projekt vorgestellt. Im Juli hatten wir bereits über unsere Erhebung der Arbeitsweise von Fridays For Future vor und nach Corona berichtet. Die Ergebnisse dieser Umfrage und der ersten Workshops haben wir auf der Konferenz vorgestellt.
Generell werden auf wissenschaftlichen Konferenzen Forschungsprojekte und -ergebnisse in unterschiedlichen Stadien vorgestellt: Manche stehen noch eher am Anfang ihres Projekts, andere sind schon fast fertig. Grundsätzlich sind diese Konferenzen wichtig, weil Wissenschaft vom permanenten Austausch und von Fehlerkorrekturen lebt. Für wissenschaftliches Arbeiten ist es unerlässlich, dass man sich gegenseitig kontrolliert und kritisiert. Die Themen und Forschungsmethoden sind oftmals so spezialisiert, dass die Arbeit für Außenstehende schwer nachzuvollziehen ist und Kritik daher aus der Wissenschaft selbst kommen muss.
Auf der allgemeinen Konferenz der ECPR im August gab es je nach Thema unterschiedliche „Panels“ und in jedem Panel sammelten sich die Forscher*innen mit ihren Beiträgen zum jeweiligen Thema. Das Panel, in dem wir unsere Ergebnisse vorgestellt haben, hieß zum Beispiel „Aktuelle Forschung zum Klimaaktivismus in Europa“. Dort haben Politikwissenschaftler*innen aus Schweden, Italien und Deutschland über den Stand ihrer Forschung berichtet. Nach einer kurzen Vorstellung des Projekts und der Ergebnisse haben andere Konferenzteilnehmer*innen dazu Feedback gegeben und es ist zu einer allgemeinen Diskussion über das Thema gekommen. Generell werden in diesen Runden zum Beispiel die eingesetzten Forschungsmethoden, verwendete Literatur-Quellen oder die Aussagekraft der Ergebnisse besprochen. Häufig können die Forscher*innen dann mit wertvollen und konstruktiven Hinweisen ihre Arbeit verbessern und sie auch für die später noch folgenden wissenschaftlichen Publikationen zu nutzen.
Wir sind zum Beispiel darauf aufmerksam gemacht worden, auf welchen Aspekt wir in unserem wissenschaftlichen Fachartikel, den wir geschrieben haben, noch stärker fokussieren könnten. Diese Änderungsvorschläge haben wir dann eingearbeitet und so unsere Publikation verbessert. Im Dezember 2020 werden unsere Ergebnisse von der Erhebung im Sommer in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Voluntaris“ erscheinen. Der Titel wird lauten: „Fridays For Future meets Citizen Science: Resilience and digital protest in times of Covid-19”. Wie resilient, also widerstandsfähig, Fridays For Future während der Pandemie tatsächlich war und ist – das erfahrt ihr dann hier im Blog.