von Judith Steinig-Lange, Teilnehmende bei den Tischgesprächen
Am 09. November 2023 lud die Heinrich-Heine-Universität gemeinsam mit der Bundesvereinigung kulturelle Teilhabe e.V. und der Kulturliste Düsseldorf e.V. zur Veranstaltung „Kultur mit wem? Tischgespräche zu Kultur und Teilhabe“ ein. Über 100 Menschen haben an der Veranstaltung teilgenommen und einige berichten nun hier darüber, wie sie die Tischgespräche wahrgenommen und empfunden haben. Judith Steinig-Lange, NRW – Forschungsvolontärin zu Pluralen Erinnerungsperspektiven im Kontext der Künste, nahm als Referentin eines Kurz-Inputs bei den Tischgesprächen teil.
Was mir am Morgen des 09. Novembers auffiel, ist der besondere Ort, das Design der Veranstaltung als Tischgespräche und die Freude am Austausch, die schon aus dem Saal zu hören war. Im KAP1, in dessen offener Architektur ich mir zwei Fußballfelder übereinander (8.000 qm) zu denken versuchte, fand ich die (sehr wohl gut ausgeschilderten) Räume des FFT und begegnete schon im Eingang und Treppenhaus verschiedensten Menschen, Kindern, Familien, Älteren, die in der Bibliothek lasen und recherchierten, Workshops besuchten, sich aufwärmten oder weitere Ressourcen des Ortes nutzten.
Auf meinem Namensschild am Empfang las ich als Zusatz nicht meine Institution oder Rolle des heutigen Tages, sondern “Ich mag Kunst/Literatur”. So wusste ich, welche kulturellen Vorlieben die Menschen haben, die sich im Saal versammelt hatten, und freute mich darüber, nicht durch Labels nach Institutionen/Besucher*in und Kulturakteur*in bzw. Referent*in und Nutzer*in unterscheiden zu können – außer ich fragte mein Gegenüber.
Was den üblichen Habitus einer wissenschaftlichen Konferenz auch im positiven Sinne gebrochen hat, waren die partizipativen Möglichkeiten – Plakate zu “Warum sich der Kulturgeschmack ändert”, “Kulturtipps” und nach “Ursachen und Lösungen für fehlende Teilhabegerechtigkeit in der Kultur” wurden von den Anwesenden kommentiert, betrachtet und als Grundlage für Small Talk sowie fachlichen Erfahrungsaustausch genutzt.
© Judith Steinig-Lange
Das Begleitheft war ebenso übersichtlich und informativ wie spielerisch und kommunikativ gestaltet – mit Platz für Notizen und konkreten Reflexionsangeboten. Schon in diesen Vorbereitungen und Setzungen war spürbar: Es geht hier um Kommunikation und Verbindungen, um Angebote und Spielräume – nicht um einen hierarchischen Wissenstransfer.
Nach der Vorstellung von Christine Stender und Jasmin Zdun zu den ersten Ergebnisse ihrer Studie zu “Kultureller Teilhabe und Citizen Science – Eine bürgerwissenschaftliche Analyse der Arbeits- und Wirkungsweisen intermediärer Vereine im Feld der kulturellen Partizipation” gab es viel Bedarf nach Austausch über die neuen Erkenntnisse zu Kulturnutzer*innen und Noch-nicht-Nutzer*innen und der Notwendigkeit engagierter Arbeit wie z.B. die der Kulturlisten für Teilhabegerechtigkeit.
Dann schritt der Tag Richtung Mittagspause voran mit zwei methodisch sehr verschiedenen Vorträgen von Wirtschaftsjournalistin Mareice Kaiser, die technische Pannen mit bestechender Ehrlichkeit und einer gesunden Portion Selbstironie kompensierte, und von Autor Mark Terkessidis, der erneut auf die Zusammenhänge, Hürden und Möglichkeiten von Teilhabe in postkolonialen und interkulturellen Kontexten hinwies.
Vortrag von Dr. Mark Terkessides / Foto: Judith Steinig-Lange
Dass dann noch fachliche Expertise der Kulturakteur*innen / Referent*innen und Kulturnutzer*innen in neuen Räumen zusammenkam, ließ die Landschaft des Wissens anders beschreitbar werden – durch Nachfragen, neue Perspektiven und interdisziplinäre Verknüpfungen.
Im Panel “Mitbestimmen” präsentierte das Theatermuseum seine Konzeption für die kommende Ausstellung “Exzellente Fußarbeit” mit dem Gegenüberstellen von Tanz- und Fußballfotografien und die angedachten Angebote für die erwarteten Besucher*innen. (Diese kann man ab dem 19. April in der Sonderausstellung mit dem Untertitel „Ballett am Rhein trifft Fortuna Düsseldorf“ im Theatermuseum Düsseldorf bestaunen.)
Das renommierte Senior*innentheater SeTa e.V. berichtete über ihre Organisationsstruktur und Aktivitäten sowie die intergenerationale Brücke und Lebenswelten, die im Theater zusammenkommen. Am 16. März durften wir dem Verein zum 35-jährigen Bestehen gratulieren.
Aus meiner aktuellen Arbeit als NRW-Forschungsvolontärin am Museum Zentrum für verfolgte Künste gab ich einen kurzen Input zu unserem Zeitzeug*innenprojekt Solingen´93 – Unutturmayacağız! und der Frage nach den Bedingungen kultureller Teilhabe in erinnerungskulturellen Kontexten.
Insbesondere die gemeinsame Diskussion dieser drei verschiedenen Erfahrungen mit Teilhabe im Kontext Kultur hat mich sehr inspiriert, auch für zukünftige Projekte intersektional weiterzudenken.
Dank den wunderbar ganzheitlich denkenden Organisator*innen, der Bürgeruniversität der Heinrich-Heine-Universität, der Gesellschaft der Freunde und Förderer der HHU sowie dem Kreis der Freunde des Instituts für Kunstgeschichte der HHU wurde dieser sehr bereichernde Austausch möglich gemacht.
Ebenso war die entspannte, freundliche Atmosphäre und das geteilte Wissen nur mit den Kulturgästen, Nutzer*innen und allen Anwesenden möglich, die an den Tischgesprächen Teilgeber*innen und Teilnehmer*innen waren. Herzlichen Dank für dieses Zusammenkommen!