Die Veränderung von Genen – eine revolutionäre Entdeckung im Einsatz

von Alina Ostrowski, Leon Adolphs, Christos Rottkewitz und Franziska Ettler

Vielleicht habt ihr vor einigen Jahren schon von den genveränderten Zwillingen in China gehört, welche die Welt in Aufruhr versetzt haben. Hierbei soll der Wissenschaftler He Jiankui die Gene von Zwillingen so verändert haben, dass sie immun gegen HIV seien. Die Veränderung hat er mithilfe einer Genschere – CRISPR/Cas9 – vorgenommen. Doch was ist CRISPR/Cas9 überhaupt und was haben sich ihre Entdecker*innen ausgerechnet beim E.coli Bakterium abgeschaut? Und wieso sind Forscher*innen auf der ganzen Welt von dieser Entdeckung so begeistert? Diese Fragen wollen wir im Folgenden beantworten.

Das clevere Immunsystem von Bakterien
Bevor CRISPR/Cas9 die biomedizinische Forschung revolutioniert hat, ihren Entdeckerinnen Jennifer Doudna und Emmanuelle Carpentier den Chemie-Nobelpreis einbrachte und die Herzen von Biohackern höherschlagen ließ, wussten andere um ihre besonderen Fähigkeiten. Die Rede ist von Bakterien. Längst war die Genschere Teil ihres Immunsystems, um sich gegen eine Virusinfektion verteidigen zu können. Als Forscher*innen in den 1980er Jahren diese Sequenzen in der DNS von Bakterien zum ersten Mal beobachteten, wunderten sie sich und beschrieben diese als „clustered regularly interspaces short palindromic repeats“ kurz CRISPR.

Bakterien selbst können von Viren befallen werden. Um sich vor diesen zu schützen, setzen sie CRISPR/Cas, also ihre natürliche Genschere ein. Dies geschieht folgendermaßen: Sobald das Virus in das Bakterium eingedrungen ist, schneidet das Bakterium ein Stück der DNS des Virus heraus und baut diese DNS-Sequenz in einen bestimmten Abschnitt seiner eigenen DNS ein. Dieser arbeitet wie ein DNS-Archiv: Sollte das Virus erneut versuchen, das Bakterium zu befallen, erkennt das Bakterium dieses mithilfe der zuvor gespeicherten DNS-Sequenz. An den CRISPR-Abschnitt ist das Cas-Protein gekoppelt. Cas steht für „crispr assoziiertes Protein“ und ist ein Enzym, welches DNS-Stränge schneiden kann. Es gibt zwar verschiedene Cas-Proteine (z.B. Cas1, Cas2), am häufigsten wird allerdings mit dem Protein Cas9 gearbeitet.

Nachdem also der CRISPR-Abschnitt das Virus erkannt und gefunden hat, setzt sich das Protein Cas9 an die entsprechende Stelle in der Virus-DNS und schneidet dort zielgenau. Durch den Schnitt wird das Virus unschädlich gemacht.

Chancen und Risiken von CRISPR/Cas9
Obwohl CRSIPR/Cas9 die bekannteste Genschere ist und viele sicherlich schon mal davon gehört haben, ist sie nicht die einzige und nicht die erste Genschere. Grund für ihre Bekanntheit sind nicht zuletzt ihre Vorteile gegenüber den anderen Genscheren und die Hoffnungen, die mit diesen Vorteilen verbunden sind. So ist CRISPR/Cas9 im Vergleich zu anderen Genscheren nicht nur kostengünstiger und schneller, auch kann sie eine deutlich geringere Fehlerquote, als ihre Vorgänger, TALEN und die Zinkfinger- Nuklease vorweisen.

Doch auch wenn CRISPR/Cas9 die Stärken seiner Vorgänger-Verfahren optimiert und deren Schwächen in vielerlei Hinsicht überwinden kann, bleiben auch hier gravierende Risikoquellen bestehen: Die Off-Target-Effekte und On-Target-Effekte. Bei Off-Target-Effekten findet eine ungewollte Veränderung an der falschen Stelle in der DNS statt. Wohingegen bei On-Target-Effekten die Veränderung an der richtigen Stelle in der DNS stattfindet, dennoch nicht in dem gewünschten Ausmaß bzw. nicht mit den gewünschten Konsequenzen. Auch kann es nach dem Einsatz von CRISPR/Cas9 dazu kommen, dass nicht alle Zellen im genedititertem Embyro den gewünschten Effekt aufweisen. Tritt dies ein, spricht man von einem Mosaik.

Trotz alledem bleibt CRISPR/Cas9 eine präzise, kosten- und zeitsparende Alternative zu herkömmlichen Genscheren, die sich vielfältig einsetzen lässt. Die eben genannten Nachteile tragen zu einem realistischeren Bild von der Genschere bei, was einer oftmals sensationalistischen Berichterstattung über sie entgegengestellt werden kann. Auch gibt die Auseinandersetzung mit den technischen Risiken der Genschere den Weg für die künftige Forschung mit und an CRISPR/Cas9 vor.

Die Zukunft der Gentechnik?
Nun habt ihr hoffentlich ein Verständnis davon, wie CRISPR/Cas9 funktioniert. Doch wo lässt sich die Genschere einsetzen? Der Name verrät es schon: Eine Genschere kann überall da zum Einsatz kommen, wo Gene editiert werden sollen. Gene haben nicht nur wir Menschen, sondern z.B. auch Bakterien, Pflanzen und Tiere. Daher gibt es nicht nur Forschung zum Einsatz von CRISPR/Cas9 bei Menschen, sondern auch bei Nutzpflanzen-und Tieren.
Gehen wir zuerst auf die Zukunftsperspektive von CRISPR/Cas9 bei den Nutzpflanzen ein. Beispielsweise ist es deutschen Forscher*innen bereits gelungen, die Schoten von Raps fester zu machen, sodass man im allgemeinen weniger Ernteverluste verzeichnen konnte. Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie durch den Einsatz von CRISPR/Cas9 den mit dem Klimawandel einhergehenden Herausforderungen für Nutzpflanzen begegnet werden kann – ohne dabei auf Pestizide zurückgreifen zu müssen.

Bei Nutztieren gibt es eine Reihe von Forschungsprojekten, in denen das Ziel verfolgt wird, Nutztiere resistenter gegen verschiedene Krankheiten zu machen. Analog zur angestrebten Reduktion vom Einsatz von Pestiziden bei Nutzpflanzen, wird bei der Forschung zu Nutztieren das Ziel verfolgt, den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren.

Auch bei Menschen wäre der Einsatz von CRISPR/Cas9 zu therapeutischen Zwecken denkbar. So setzen viele von der neurodegenrativen Krankheit Chorea Huntington Betroffene ihre Hoffnungen in therapeutische Verfahren, bei denen CRISPR/Cas9 zum Einsatz kommen könnte. Ziel eines solchen therapeutischen Verfahrens wäre es, die Vererbung der Krankheit von Eltern an ihre Kinder zu unterbinden. Da die Huntington-Krankheit sehr gut erforscht ist, weiß man mittlerweile sehr genau, in welchem Abschnitt auf der DNS CRISPR/Cas9 man schneiden müsste, um den Embryo von betroffenen Paaren von der Huntington-Krankheit zu heilen.

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